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Gericht erklärt geschäftsführenden Minderheitsgesellschafter für sozialversicherungsfrei

07. November, 2016

Seit rund einem Jahr gelten verschärfte Vorschriften zur Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern. Grund für die Verschärfung waren eine Reihe von wegweisenden Urteilen im Jahr 2015. Im Sommer dieses Jahres sprach das Sozialgericht Reutlingen einen minderbeteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer dennoch sozialversicherungsfrei.


Sozialversicherungsfreiheit dank exakter Vereinbarungen

In dem vorliegenden Fall hatte das Sozialgericht über den Sozialversicherungsstatus eines Gesellschafter-Geschäftsführers zu entscheiden. Der Betroffene war als Minderheitsgesellschafter nur geringfügig am Unternehmen beteiligt. Ein Vetorecht hatte er nicht. Beschlüsse konnten also auch gegen seinen Willen durch die übrigen Gesellschafter gefasst werden. Die verschärfte Rechtsprechung sieht in diesem Fall seit einer Zeit ausnahmslos Sozialversicherungspflicht vor. Das Sozialgericht Reutlingen erklärte den betreffenden Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer dennoch für sozialversicherungsfrei.

Grund für dieses Urteil war ein kleines aber in den Augen des Gerichtes gravierendes Detail. Die Gesellschafter hatten eine schriftliche Vereinbarung getroffen. Dieser Vereinbarung zufolge konnten:

  1. Änderungen des Geschäftsführervertrages
  2. die Abberufung des Geschäftsführers

nur mit Zustimmung des Gesellschafter-Geschäftsführers getroffen werden. Das Gericht sah in dieser Vereinbarung eine entscheidende Voraussetzung für die Sozialversicherungsfreiheit des Gesellschafter-Geschäftsführers. Die notwendige Weisungsfreiheit für eine im sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbstständige Tätigkeit war für die Richter damit gegeben.

Mögliche Gründe für Sozialversicherungsfreiheit von Gesellschafter-Geschäftsführern

Die Verschärfung der Rechtsprechung hatte im vergangenen Jahr dazu geführt, dass Gesellschafter-Geschäftsführer nur noch unter zwei Voraussetzungen sozialversicherungsfrei sind:

  1. Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist gleichberechtigt oder überwiegend als Gesellschafter am Unternehmen beteiligt und verfügt über ein entsprechend starkes Mitbestimmungsrecht, das es im erlaubt, Gesellschafter-Beschlüsse entscheidend mitzubestimmen.
  2. Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist nur minderbeteiligt. Er verfügt also nicht über ein ausreichendes Stimmrecht, um Beschlüsse zu beeinflussen. In diesem Fall muss ein Vetorecht vereinbart sein, das diesen Nachteil ausgleicht.

Kompetent beraten lassen

Strebt ein Gesellschafter-Geschäftsführer die Sozialversicherungsfreiheit an, sollte er sich in jedem Fall umfassend kompetent beraten lassen. Immer wieder kommt es vor, dass sich der bislang angenommene Sozialversicherungsstatus als falsch herausstellt. Das kann verheerende Konsequenzen für die Betroffenen haben. Mit einer kompetenten Beratung lassen sich Verträge und die Rahmenbedingungen so gestalten, dass sich der Sozialversicherungsstatus eindeutig bestimmen lässt. Auch ein Statusfeststellungsverfahren kann in diesem Fall sinnvoll sein.